Rom/Beer Sheva/Kopenhagen (pts031/30.08.2016/11:15) – Niedriger bis moderater Alkoholkonsum hat offenbar doch keine herz- und gefäßschützende Funktion. Zu diesem Ergebnis kommen eine Reihe von Studien, die auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Rom vorgestellt wurden.
So lieferte eine über 20 Jahre laufende dänische Studie mit fast 19.000 Krankenschwestern („The danish nurses‘ cohort study“) nach der Bereinigung um Gesundheits-, Lebensstil- und psychosoziale Faktoren keine Hinweise auf einen signifikanten günstigen Zusammenhang zwischen niedrigem oder moderatem Alkoholkonsum und der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit. Kombinierter Endpunkt war die Schlaganfall-, Herzinfarkt- und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit. Die Studienautoren fanden auch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen niedrigem bis mittlerem Alkoholkonsum mit den separaten Endpunkten Schlaganfall und Herzinfarkt. Ausgewertet wurden Fragebögen zum individuellen Alkoholkonsum in Kombination mit dem dänischen Diagnose-spezifischen Krankenhausentlassungs-Register, Todesursachen und Gesundheitsstatus.
Keine signifikante Wirkung auf Gesamt-Plaque-Volumen der Halsschlagader oder Gefäßwand-Volumen
Eine auf dem ESC-Kongress präsentierte Studie aus Israel und den USA untersuchte den Einfluss moderaten Alkoholkonsums auf das Fortschreiten der Atherosklerose der Halsschlagader (Karotis) bei Patienten mit gut kontrolliertem Diabetes Typ 2, die ansonsten keinen Alkohol zu sich nahmen. Während der zweijährigen Untersuchungsdauer der CASCADE-Studie wurden die Probanden in drei Gruppen aufgeteilt und erhielten täglich entweder 150 Milliliter Mineralwasser, Weißwein oder Rotwein.
Alle Studienteilnehmer hielten eine mediterranen Diät ohne Beschränkung der Kalorienzahl ein. Zu Studienbeginn und nach zwei Jahren wurden das Gesamt-Plaque-Volumen der Halsschlagader und das Gefäßwandvolumen mittels 3D-Ultraschall gemessen. Es lagen verwertbare Ultraschall-Bilder von 174 Patienten vor, bei der Erstuntersuchung wurde bei 55 Prozent Plaque in der Halsschlagader gefunden. Das durchschnittliche Gesamt-Plaque-Volumen veränderte sich in der Gesamtgruppe nicht signifikant, ebenso wenig in den Kontrollgruppen.
Allerdings ergab eine Detailanalyse der 78 Patienten mit zu Studienbeginn feststellbarer Plaque, dass im Drittel mit der stärksten Plaque der Weinkonsum mit einer etwas stärkeren Plaque-Reduktion assoziiert war. Bezüglich des Gefäßwand-Volumens zeigten sich keine signifikanten Veränderungen in den drei Gruppen.
„Wir konnten in unserer zweijährigen Studie keine signifikante Wirkung des Weinkonsums auf die Gesamt-Plaque-Volumen der Halsschlagader oder das Gefäßwand-Volumen in der Gesamtgruppe feststellen“, so die Studienautoren zusammenfassend. „Der schwache Hinweis auf die etwas stärkere Verringerung des Gesamt-Plaque-Volumens der Halsschlagader durch Weinkonsum bei den Patienten, die zu Studienbeginn das größten Plaque-Volumen aufwiesen, sollte in größeren Studien weiter untersucht werden.“
„Es gibt immer wieder Berichte über den positiven Einfluss eines moderaten Konsums von unterschiedlichen alkoholischen Getränken, insbesondere von Wein, auf die Herz- und Gefäßgesundheit. Andere Studien wiederum konnten diese günstige Wirkung nicht bestätigen. Eine mögliche schädliche Wirkung maßvollen Weintrinkens auf die Herzgesundheit ließ sich allerdings auch nicht stichhaltig und zweifelsfrei belegen. Unklar sind auch die vielfach behaupteten Mechanismen eines möglichen Herzschutzes“, so Prof. Dr. Eckart Fleck, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). „Wer also etwas für seine Herzgesundheit tun möchte, braucht dafür keinen Alkohol zu trinken. Starker Alkoholkonsum kann sich negativ auf viele Organe unseres Körpers auswirken, auch auf das Herz zum Beispiel durch Rhythmusstörungen oder Pumpschwäche, und sollte jedenfalls vermieden werden.“
Quellen: ESC 2016 Abstracts Heberg et al. Low to moderate alcohole consumption ist not associated with a reduction in cardiovascular events – The danish nurses‘ cohort study; Golan et al. The effect of moderate wine intake on carotid atherosclerosis in type 2 diabetes; a 2-jear intervention study
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