Wien (pts029/31.08.2016/13:00) – Innerhalb von wenigen Jahren haben sich die Optionen für Patienten mit metastasiertem Melanom deutlich zum Positiven gewandelt. Molekular gezielte Therapien greifen in Veränderung von Tumorbestandteilen ein, Immuntherapie stärkt das körpereigene Abwehrsystem. Solche Therapien können auch parallel eingesetzt werden, um die Wirksamkeit weiter zu erhöhen. In den nächsten Jahren ist eine Vielzahl von neuen Therapie-Optionen für verschiedene Gruppen von Melanom-Patienten zu erwarten. Neue Erkenntnisse sorgen inzwischen auch für einen schonenderen Umgang mit Hautkrebspatienten bei Operationen.
„Die Therapien zur Behandlung von Hautkrebs haben sich in jüngster Vergangenheit eindrucksvoll verändert und verbessert. Die früher übliche Chemotherapie ist in vielen Bereichen inzwischen nur mehr die letzte Option. Die heutige Standardtherapien ruhen auf zwei Säulen: der molekular gezielten Therapie und der Immuntherapie.“ Das berichtet Kongresspräsident Univ.-Prof. Dr. Christoph Höller (Klinische Abteilung für Allgemeine Dermatologie und Dermato-Onkologie, MedUni Wien/AKH Wien) anlässlich des heute in Wien beginnenden 16. World Congress on Cancers of the Skin und des 12. Congress of the European Association of Dermato-Oncology (EADO). Außerdem sorgen inzwischen neue Erkenntnisse für einen schonenderen Umgang bei Operationen.
Molekular gezielte Therapien greifen in Veränderung von Tumorbestandteilen ein
Bei molekular gezielten Therapien wird in die Veränderung von Tumorbestandteilen eingegriffen, die für das starke Tumorwachstum verantwortlich sind. Bei bis zu 50 Prozent der Melanom-Patienten wird beispielsweise eine Mutation im BRAF-Gen gefunden. Das BRAF-Protein ist normalerweise wichtig für das Wachstum und das Überleben von Zellen, in seiner mutierten Form kann es jedoch zu unkontrolliertem Wachstum und somit auch zu einer Krebserkrankung führen. „Vereinfacht gesagt blockieren neue, gezielt eingesetzte Medikamente jene Signalwege, die krankhaftes Zellwachstum anregen“, so Prof. Höller. „Die Entdeckung der BRAF-Mutation ist einer der wichtigsten Meilensteine für die Melanom-Behandlung. Sie hat die Hautkrebstherapie von Grund auf revolutioniert und modernisiert.“
Immuntherapie stärkt das körpereigene Abwehrsystem
Bei der Immuntherapie wird nicht der Tumor selbst bekämpft, sondern das körpereigene Abwehrsystem gestärkt. Das Immunsystem der Patienten soll in die Lage versetzen werden, den Tumor erfolgreich zu kontrollieren und im Optimalfall auch zu verringern oder ganz zu vernichten. Diese Therapieform konnte dank der Entdeckung von „Immune Checkpoints“ entwickelt werden: Rezeptoren, die die Aktivierung beziehungsweise die Hemmung von Abwehrzellen wie etwa T-Lymphozyten übertragen. Neue Medikamente (Immun-Checkpoint-Inhibitoren) blockieren gezielt hemmende Rezeptoren und stärken somit die Abwehrzellen. Prof. Höller: „Insbesondere mit den PD-1-Antikörpern liegen derzeit effektive und gut verträgliche Substanzen vor, die auch in den kommenden Jahren für Einzeltherapie oder Kombinationstherapien bei metastasierten Melanomen eingesetzt werden können.“
Derzeit wird auch darüber diskutiert, die modernen Immuntherapien bei Patienten einzusetzen, die trotz einer kompletten Operation ein sehr hohes Rückfalls-Risiko haben, so Prof. Höller: „Davon erhofft man sich eine höhere Wirksamkeit und eine bessere Verträglichkeit als bei einer Chemotherapie mit dem bisher verwendeten Interferon.“
Die neuen Therapien werden nicht nur beim Melanom angewandt, sondern auch bei sehr weit fortgeschrittenen Formen von Weißem Hautkrebs oder bei seltenen Hauttumoren wie dem Merkelzellkarzinom. Prof. Höller: „Die modernen Immuntherapien zeichnen sich besonders durch das bei einem Teil der Patienten beobachtete verbesserte Langzeit-Überleben aus. Derzeit sind die neuen Therapien aber noch nicht bei allen Formen von Hautkrebs etabliert.“
Therapiekombinationen: Vielzahl von neuen Therapie-Optionen zu erwarten
„Unterschiedliche Immuntherapien und gezielte molekulare Therapien können auch parallel eingesetzt werden, um die Wirksamkeit weiter zu erhöhen“, so Prof. Höller. Manche Kombinationen sind bereits zugelassen oder sogar schon zum neuen Standard geworden. Gegenwärtig gibt es aber auch sehr viele verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, die in Studien erprobt werden. „Hier liegt sicher die Zukunft der Therapie bei fortgeschrittenem Hautkrebs“, sagt Prof. Höller. „Für Patientinnen und Patienten mit inoperablen Metastasen wird beispielsweise intensiv an einer Kombinationstherapie gearbeitet, die wirksamer und nebenwirkungsärmer ist. In den nächsten Jahren ist eine Vielzahl von neuen Therapie-Optionen für verschiedene Gruppen von Melanom-Patienten zu erwarten.“
Innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt haben sich somit die Optionen für Patienten mit metastasiertem Melanom deutlich zum Positiven gewandelt, bilanziert Prof. Höller.
Neue Erkenntnisse sorgen für schonenderen Umgang bei Operationen
Neue Erkenntnisse sorgen inzwischen auch für einen schonenderen Umgang mit Hautkrebspatienten bei Operationen: In den 1990er Jahren wurde eine spezielle Diagnostik (Wächter-Lymphknotenbiopsie) eingeführt, zur Früherkennung, ob ein Lymphknoten von einem Melanom befallen ist. Die Lymphwege werden dabei mit einer Lymphabstromszitigraphie dargestellt. Lymphknoten, die im Abflussgebiet der Lymphflüssigkeit eines bösartigen Tumors an erster Stelle liegen, werden operativ entfernt und dann histopathologisch untersucht. Damit kann bei etwa 20 Prozent der Hautkrebs-Patienten eine frühzeitige Form der Erkrankung, die Mikrometastasierung, festgestellt werden. Bislang galt: Bei Mikrometastasierung muss eine komplette Lymphknotenausräumung vorgenommen werden.
Bei einer kürzlich in Deutschland durchgeführten Studie mit 480 Patienten wurde bei der Hälfte die Lymphknotenausräumung vorgenommen, bei der anderen Hälfte gab es nur Nachsorgeuntersuchungen mit Beobachtung. Die Lymphknoten wurden nur dann ausgeräumt, wenn sich im Lymph-Abflussbassin erneut Metastasierungen bildeten. (1) „Der Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen bezüglich der Überlebensrate lag bei weniger als einem Prozent“, so Prof. Dr. Claus Garbe, Ärztlicher Leiter der Sektion für Dermato-Onkologie der Universitäts-Hautklinik Tübingen. „Das bedeutet, man kann Melanom-Patienten diesen Eingriff ersparen, wenn die Lymphknoten-Mikrometastasen kleiner als ein Millimeter sind.“
(1) Leiter et al: Complete lymph node dissection versus no dissection in patients with sentinel lymph node biopsy positive melanoma (DeCOG-SLT): a multicentre, randomised, phase 3 trial. Lancet Oncol 2016, 1-11
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