Wien (pts028/10.04.2017/16:10) – Vor genau 200 Jahren beschrieb der Londoner Arzt Dr. James Parkinson (1755 bis 1824) in seinem berühmt gewordenen Aufsatz „Über die Schüttellähmung“ erstmals die Hauptsymptome einer Erkrankung, die später nach ihm benannt werden sollte. Und vor 20 Jahren erklärten die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Europäische Parkinsongesellschaft den 11. April, den Geburtstag Parkinsons, zum Welt-Parkinson-Tag. Fachgesellschaften und Patientenorganisationen weltweit informieren aus diesem Anlass über Diagnostik und Therapie der Erkrankung und werben für mehr Verständnis für die Probleme von Patienten und ihren Angehörigen.
„Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung. Sie betrifft weltweit etwa sieben bis zehn Millionen Menschen, in Österreich sind aktuell etwa 16.000 Menschen erkrankt“, sagt zum Welt-Parkinson-Tag Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff (AKH/MedUni Wien), Präsident der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft. „Im Gehirn dieser Patienten sind insbesondere jene Nervenzellen angegriffen, die Dopamin als Transmitter benutzen.“ Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Schätzungen zufolge dürfte sich die Zahl der Fälle schon aufgrund der steigenden Lebenserwartung bis 2030 zumindest verdoppeln.“
Eine Heilung der Parkinson-Erkrankung oder eine Modifikation des Krankheitsverlaufs ist bis heute nicht möglich, auch wenn Forschergruppen weltweit intensiv verschiedenen diesbezüglichen Therapieoptionen nachgehen, darunter beispielsweise immunologischen Ansätzen („Parkinson-Impfung“) oder dem Einsatz pluripotenter Stammzellen.
Bewegung mit günstiger Wirkung
Die Früherkennung hat selbst ohne krankheitsmodifizierende Behandlungsmethoden einen wichtigen Nutzen für Betroffene, betont Prof. Auff: „Eine möglichst frühe Diagnose ist schon deshalb von Bedeutung, weil wir heute zahlreiche Therapieoptionen haben, um die motorischen und nichtmotorischen Symptome der Parkinson Erkrankung in den unterschiedlichen Stadien, der jeweiligen individuellen Situation angepasst, zu verbessern. Die Palette reicht von verschiedenen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten bis hin zu invasiven und operativen Verfahren – wie beispielweise der tiefen Hirnstimulation – für ausgewählte Patientengruppen. All das verbessert sehr deutlich die Lebensqualität Betroffener und viele Patienten können durch eine gute Symptomkontrolle über einen langen Zeitraum ein weitgehend unbehindertes Leben führen.“
Viele neue Erkenntnisse gibt es zu nichtmedikamentösen Interventionen, die günstig auf Symptome wirken und die Lebensqualität von Patienten positiv beeinflussen. Dabei geht es nicht nur um physiotherapeutische Maßnahmen im engeren Sinn, so Prof. Auff. „Mehr als 70 randomisierte Studien haben sich allein in den vergangenen vier Jahren mit den vielfältigen Wirkungen von körperlicher Bewegung und Aktivierung beschäftigt, etwa Geräte-gestütztes Krafttraining, verschiedenste Ausdauersportarten, Tai-Chi, Qi Gong oder auch Tanzen. Die Evidenz für den spezifischen Nutzen mit Auswirkungen auf Krankheitssymptome, aber auch eine unspezifische Verbesserung des Wohlbefindens, ist mittlerweile sehr gut dokumentiert, wir sollten also unseren Patienten empfehlen, auch selbst mit unterschiedlichen körperlichen und sportlichen Aktivitäten zur Verbesserung beizutragen.“
Frühzeitig erkennen – frühzeitig behandeln
Bei der Früherkennung spielen auch Angehörige eine wichtige Rolle, da sie Krankheits-typische Veränderungen oft noch früher wahrnehmen als Betroffene selbst. Warnhinweise sind zum Beispiel Muskelsteifigkeit mit Gelenksschmerzen und Zittern nur einer Hand in Ruhe, verlangsamte Bewegungen, das Schleifen eines Fußes beim Gehen, eine deutliche Verkleinerung der Schrift oder eine Veränderung der Mimik. „Besteht aufgrund solcher Anzeichen der Verdacht, die betroffene Person könnte an Morbus Parkinson leiden, sollte für die exakte Diagnose ein Spezialist konsultiert werden“, rät Prof. Auff. „Die frühe Diagnose und Differentialdiagnose beruhen vor allem auf einer kompetenten neurologischen Anamnese und Untersuchung.“
Zeigen sich diese ersten motorischen Krankheitszeichen, ist bereits ein erheblicher Anteil der Dopamin-produzierenden Zellen zerstört. Denn der zugrundeliegende Krankheitsprozess hat in der Regel bereits mehrere Jahre zuvor eingesetzt. Dieser sogenannten prodromalen Krankheitsphase gilt das besondere Augenmerk vieler Parkinson-Forscher. Denn sollten in absehbarer Zeit auch Krankheits-modifizierende, neuroprotektive Therapien gegen das Absterben der relevanten Nervenzellen verfügbar sein, dann wäre ein sehr frühzeitiger Beginn der Behandlung – noch lange bevor motorische Symptome auftreten – besonders wichtig.
Eine zentrale Rolle bei der Entstehung und weiteren Ausbreitung der Erkrankung kommt offensichtlich dem alpha-Synuclein zu. Diese Eiweißsubstanz, die auch bei Gesunden vorkommt, findet sich bei Parkinson-Patienten stark vermehrt und in pathologischer Zusammenlagerung, sodass es zu einer Störung des Zellstoffwechsels kommt, die letztlich zum Untergang dieser Nervenzellen führt. „Pathologische Eiweißablagerungen von Alpha-Synuclein finden sich schon in der Frühphase der Erkrankung auch in Nervenzellen des Gastrointestinaltrakts und auch in der Haut“, so Prof. Auff. „Dies könnte künftig als Biomarker für eine frühe Diagnosestellung von Nutzen sein.“ Ein weiterer wichtiger klinischer Prädiktor sind auch REM-Schlaf-Verhaltensstörungen mit aggressiven Träumen und unkontrollierten, starken Bewegungen im Traumschlaf, die mit einem um 85 Prozent erhöhten Risiko assoziiert sind, viele Jahre später an Parkinson zu erkranken.
Symptomkontrolle für eine bessere Lebensqualität
Die Phase, in der Betroffene ohne starke Einschränkung leben können, hat sich stark verlängert. Prof. Auff: „Wir müssen daher auch immer mehr beim Einsatz und der Auswahl von Medikamenten die steigende Lebenserwartung und die Spezifika bei betagten Patienten berücksichtigen.“
Wichtig sei, so Prof. Auff, im Therapiekonzept auch den nicht-motorischen Krankheitszeichen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. „Typisch und häufig sind Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Depression, Verstopfung, Blasenstörungen und chronische Schmerzen, wobei diese Symptome von Betroffenen nicht selten belastender als die motorischen Symptome erlebt werden.“ Nicht unterschätzt werden dürfe auch die Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Veränderungen, die durch die Medikation selbst hervorgerufen oder verstärkt werden können.
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