„Übergewichts-Paradoxon“ bei Herzkatheter-Eingriffen: Untergewichtige haben höheres Risiko

Düsseldorf, New York, Barcelona (pts006/27.08.2017/12:00) – Untergewicht, nicht Übergewicht führt bei Herzkatheter-Eingriffen zu einer höheren Sterblichkeit, zu höheren Kosten, längeren Verweildauern im Krankenhaus und häufigeren Wiedereinweisungen. Das ist das Ergebnis einer auf dem Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona präsentierten Analyse von mehr als einer Million Patienten, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK).

„Ein hoher Body Mass Index (BMI) ist ein bekannter Risikofaktor für Koronare Herzkrankheiten, doch haben Studien gezeigt, dass übergewichtige und adipöse Patienten nach der Wiedereröffnung von Gefäßen mittels Herzkatheter weniger Komplikationen und bessere klinische Ergebnisse haben. Dieses Phänomen bezeichnen wir als Übergewichts-Paradoxon (‚obesity paradox‘)“, so der Hauptautor der Studie Dr. Afnan Tariq, interventioneller Kardiologe vom Lenox Hill Hospital in New York.

Die Studie untersuchte in einer für die USA repräsentativen Patientengruppe nach einem Kathetereingriff die Zusammenhänge zwischen dem BMI und der Sterblichkeit im Krankenhaus, der Liegezeit, den Behandlungskosten sowie die Wiedereinweisungsrate innerhalb von 30 Tagen. Im Jahr 2013 hatten in den USA 1.035.727 Patienten einen Herzkatheter-Eingriff, wovon 42 Prozent ein Stent oder Ballon eingesetzt wurde. 0,4 Prozent der Patienten waren untergewichtig (BMI kleiner als 19 kg/m2), 11,4 Prozent adipös (BMI 30,1 bis 40 kg/m2) and 8 Prozent krankhaft fettleibig (BMI über 40 kg/m2).

Fazit: Untergewichtige Patienten hatten ein mehr als dreifach höheres Sterberisiko nach dem Kathetereingriff als krankhaft fettleibige, und ein fünfmal höheres als übergewichtige. Die Sterblichkeit betrug 6 Prozent bei Untergewichtigen, 2,3 Prozent bei Normalgewichtigen, 1,7 Prozent bei Übergewichtigen, 1,2 Prozent bei Adipösen, 1,9 Prozent bei krankhaft Fettleibigen.

Die Verweildauer im Krankenhaus war bei Untergewichtigen mehr als doppelt so lang wie bei Normalgewichtigen (105 Tage versus 5,1 Tage), was fast 50 Prozent höhere Kosten für Untergewichtige bedeutete (33.540 US-USD versus 22.581 US-USD). Krankhaft Fettleibige hatten eine geringfügig längere Verweildauer und höhere Behandlungskosten als Normalgewichtige.

Untergewichtige wurden um 18 Prozent häufiger innerhalb von 30 Tagen wieder in ein Krankenhaus aufgenommen als Normalgewichtige, krankhaft Übergewichtige um 8,2 Prozent seltener. „Es scheint, dass Patienten mit einem höheren BMI bessere Outcomes als normalgewichtige Patienten haben“, bilanziert Dr. Tariq. „Die Studie bestätigt auch, dass die fragilen Patienten, jene mit dem niedrigsten BMI, bei Herzkatheter-Eingriffen die schlechtesten Outcomes haben.“

„Aus der Intensivmedizin ist ein ähnliches Übergewichts-Paradoxon seit längerem bekannt. Unabhängig von den aktuellen Daten zu PCI und BMI müssen wir aus kardiologischer Sicht aber darauf hinweisen, dass Übergewicht natürlich ein nachgewiesener Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist und deshalb vermieden werden sollte“, kommentiert Prof. Dr. Eckart Fleck, Pressesprecher der DGK, die aktuelle Studie.

Quelle: ESC Abstract 2017 P P492 Tariq et al: Impact of BMI on clinical outcomes and readmissions after cardiac catheterization in the USA; European Heart Journal (2017) 38 (Supplement) 710

Informationen: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) Hauptstadtbüro der DGK: Leonie Nawrocki, Tel.: 030 206 444 82 Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Düsseldorf, Tel.: 0211 600692 43

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