Klagenfurt (pts027/05.10.2017/13:10) – Vor 25 Jahren wurde am Klinikum Klagenfurt das Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie und Palliativmedizin (ZISOP) gegründet – ein nicht nur in Kärnten einzigartiges, sondern Österreich-weit vorbildliches fächerübergreifendes Kompetenzzentrum für die Behandlung von Schmerz- und Palliativpatienten.
LH-Stv. Prettner: Vorausschauende Gründung, großer Bedarf
„Wie wichtig und vorausschauend diese Gründung war, zeigen die aktuellen Zahlen. In ganz Österreich leiden nach Experten-Schätzungen 1,5 bis 1,8 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. Das sind allein in Kärnten zwischen 95.000 und 115.000 Betroffene“, so Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr.in Beate Prettner. „Und das ist erst der Beginn einer noch viel größeren Schmerzwelle, die auf uns zurollt. Das hat zum einen mit den steigenden Belastungen im Alltag zu tun, vor allem mit den psychischen. Zum anderen steigt die Lebenserwartung immer weiter an, und mit dem Alter die Häufigkeit von Schmerzen.“
„Wir bieten Menschen, die aus unterschiedlichsten Ursachen an chronischen Schmerzen leiden, die gesamte Palette von nichtinvasiven und invasiven Methoden an, die die moderne Schmerzmedizin zu bieten hat. Speziell unterstützen wir jene besonders schwer betroffenen Patientinnen und Patienten, deren Schmerzen sich zu einer eigenständigen Schmerzkrankheit verselbständigt haben und die unter komplexen, körperlichen, seelischen und sozialen Beeinträchtigungen leiden“, beschreibt Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc, Leiter der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt und Leiter des ZISOP die Leistungen des Zentrums. „Das ist bei rund 20 Prozent aller von chronischen Schmerzen Betroffenen der Fall.“ Mit der Einführung eines speziellen multimodalen Behandlungskonzeptes vor fünf Jahren würde zudem auf eine spezielle Patientengruppe abgezielt, so Prof. Likar. „Dieser Zugang ist besonders für Menschen im erwerbsfähigen Alter gedacht, die seit mindestens sechs Wochen an viszeralen Schmerzen, Kopf- oder Rückenschmerzen leiden und bei denen die üblichen Therapien keine oder zu wenig Wirkung gezeigt haben. Für diese Gruppe bietet unser interdisziplinäres Team ein sehr spezifisches Programm.“
Innovative Ansätze – Gelebte Interdisziplinarität
„Dieses Zentrum steht stellvertretend für alles, was uns im Kärntner Gesundheitssystem wichtig ist: Die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf höchstem Niveau. Diese, längst auch international beachtete Abteilung zeigt eindrucksvoll, dass es sich lohnt, auf die immer wieder neuen Herausforderungen der modernen Medizin mit Innovationsbereitschaft und dem festen Willen zur ständigen Weiterentwicklung zu reagieren“, betonte anlässlich des Jubiläums Dr. Arnold Gabriel, Vorstand der Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft (KABEG): „Das am ZISOP entwickelte und konsequent gelebte Prinzip der interdisziplinären Zusammenarbeit ist Vorbild bei vielen anderen Aufgabenstellungen der Zukunft. Das leben wir gerade im Klinikum Klagenfurt bereits vor, wo die Kooperation und Zusammenarbeit quer durch alle Fachgebiete längst nicht mehr nur in der Schmerzbehandlung, sondern im gesamten Haus zur täglich gelebten Praxis gehört.“
Versorgungsstrukturen mit Vorbildcharakter
„Mit dem Angebot des ZISOP sind wir am letzten Stand der Wissenschaft und bieten eine Versorgung, um die uns andere Bundesländer beneiden“, betont Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr.in Prettner. „Denn dieses Angebot der schmerzmedizinischen Spitzenversorgung ist in dieser Form immer noch das einzige in Österreich. Und generell gibt es bundesweit derzeit keine flächendeckende Versorgung für alle chronischen Schmerzpatienten.“
„Es ist unverständlich, dass sich im restlichen Österreich auf dem Gebiet der Versorgungsstrukturen so wenig bewegt“, betont Prim. Likar. „Nach wie vor müssen viele chronische Schmerzpatienten eine mühsame und kostenintensive Odyssee durch das Gesundheitssystem auf sich nehmen, ehe sie Hilfe finden. Im Schnitt vergehen eineinhalb bis zwei Jahre bis zu einer aussagekräftigen Diagnose, fast jeder Fünfte erhält überhaupt keine. Und selbst wenn, führt das bei 23 Prozent der Betroffenen zu keiner adäquaten Behandlung.“
Investitionen, die sich lohnen
Natürlich dürfe bei Versorgungsthemen die Kostenseite nicht aus den Augen verloren werden, so Dr.in Prettner. „Wie die bestens evaluierten Leistungen des ZISOP zeigen, sind Investitionen hier lohnend. Was uns wirklich teuer kommen kann, sind die Folgekosten einer unzureichenden Behandlung. Heute betragen in Österreich allein die jährlichen Kosten für Erkrankungen des Muskel- und Bewegungsapparates bereits mehr als 5,5 Milliarden Euro und jene für Krankenstandstage bei chronischen Rückenschmerzen etwa 400 Millionen Euro.“ Etwa die Hälfte der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen geht frühzeitig in Pension. Eine externe ZISOP-Evaluierung durch die Kärntner Gebietskrankenkasse kam zu dem Schluss, dass sich – wenn man alle direkten und indirekten Kosten berücksichtigt – die Gesamtaufwendungen für Betroffene auf 60,35 Prozent reduzieren lassen.
Erfolgreich wieder ins Erwerbsleben
„Die multimodale Therapie gehört zu den umfassendsten Ansätzen in der modernen Schmerzmedizin weltweit“, so Dr. Wolfgang Pipam, Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie und Palliativmedizin-ZISOP, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee. „Sie begreift Schmerzen als eigenständige Krankheit und basiert auf einem bio-psycho-sozialen Modell. Das heißt, dass wir nicht nur auf die körperlichen Beschwerden, sondern auch auf psychische Aspekte sowie die individuellen Lebensumstände der Patienten eingehen.“
Die Hauptzielgruppe des speziellen Angebots sind Menschen, die noch im Erwerbsleben stehen, so Dr. Pipam. „Wir wissen aus Studien, dass die Wahrscheinlichkeit nach mehr als sechs Monaten Arbeitsausfall an den Arbeitsplatz zurückzukehren nur bei 50 Prozent liegt, nach einem Jahr kehrt gar nur noch jeder Fünfte ins Erwerbsleben zurück. Gleichzeitig sehen wir aber, dass das kein unumkehrbarer Weg sein muss. So hat eine internationale Studie aufgezeigt, dass nur zehn Prozent der multimodal behandelten Patienten in den nächsten zwei Jahren erneut einen Krankenstand in Anspruch nehmen mussten, während es in Vergleichsgruppe 59 Prozent waren.“
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