Berlin (pts002/14.10.2017/09:25) – Zunehmend wird die schonende Katheter-gestützte Herzklappen-Implantation (TAVI) auch bei Patienten mit mittlerem Operationsrisiko als echte Alternative zur herzchirurgischen Operation mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine in Betracht gezogen. Bis vor Kurzem war die minimalinvasive TAVI alten oder multimorbiden Hochrisiko-Patienten vorbehalten. „Gegenwärtig laufen auch Studien mit Patienten mit niedrigem Operationsrisiko. Soweit sich das bisher absehen lässt, werden auch in dieser Patientengruppe eine sehr geringe Sterblichkeit und weniger Schlaganfälle beobachtet“, berichtet Prof. Dr. Christian W. Hamm (Kerckhoff Herz- und Thoraxzentrum, Bad Nauheim und Universitätsklinikum Giessen) bei den Herztagen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Berlin. „Für eine eindeutige Empfehlung, auch bei diesen Niedrigrisiko-Patienten bevorzugt den interventionellen statt dem chirurgischen Klappenersatz einzusetzen, werden allerdings noch mehr Daten benötigt.“
Bei Patienten unter 75 Jahren ist man gegenwärtig noch vorsichtig mit der Empfehlung für TAVI, weil die Langzeitdaten zur Haltbarkeit der Klappen noch spärlich sind. Prof. Hamm: „Nach derzeitigem Wissen gibt es keinerlei Hinweise, dass die Lebensdauer der TAVI-Klappen kürzer wäre als die chirurgischer Klappen. Aber wir haben eben noch wenig Langzeitdaten, weil es TAVI noch nicht so lange gibt.“
Gemäß der Leitlinie der ESC (Europäische Kardiologiegesellschaft) wird ein chirurgischer Klappenersatz nur noch bei Patienten empfohlen, deren Risiko mit einem EuroSCORE II <4% oder einem logistischen EuroSCORE I <10% eingeschätzt wird - also niedrig - und die keine zusätzlichen Risikofaktoren aufweisen. Alle anderen Patienten, die eine künstliche Aortenklappe benötigen, sind TAVI-Kandidaten. Im Einzelfall entscheiden Kardiologen und Herzchirurgen im "Herzklappen-Team" gemeinsam, von welchem Eingriff ein Patient am meisten profitiert. Entscheidend für die Bedeutung, die TAVI für immer mehr Gruppen von Herzklappen-Patienten hat, waren laut Prof. Hamm zuletzt die Ergebnisse von drei Studien: * In PARTNER II wurde in einem größeren Kollektiv von Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose und mittlerem Operationsrisiko TAVI mit dem chirurgischen Aortenklappenersatz verglichen. Dabei zeigte sich über zwei Jahre die signifikante Überlegenheit der TAVI in Bezug auf Sterblichkeit und Schlaganfälle. * In einem ähnlichen Szenario wurden in der SURTAVI Studie TAVI und chirurgische Klappen verglichen. Hier zeigte sich die Nicht-Unterlegenheit der TAVI im Vergleich zur chirurgischen Klappe hinsichtlich der Gesamtsterblichkeit. Zu Behinderungen führende Schlaganfälle traten bei den TAVI-Patienten seltener auf. * Die Studie NOTION (Nordic Aortic Valve Intervention) war ähnlich aufgebaut - mit dem Unterschied, dass hier auch Patienten mit niedrigerem Operationsrisikos eingeschlossen wurden. Es zeigte sich hinsichtlich Gesamt-Sterblichkeit und kardiovaskulärer Sterblichkeit eine numerische, nicht jedoch signifikante Überlegenheit der TAVI. Eine Analyse hinsichtlich des Risikoscores zeigte, dass auch bei den Patienten mit dem niedrigsten Risiko die TAVI der chirurgischen Klappe nicht unterlegen war. TAVI wird derzeit bei Patienten mit niedrigem Risiko von den gesetzlichen Kassen noch nicht routinemäßig bezahlt, weil deren Erstattungsrichtlinien noch auf den Leitlinien aus dem Jahr 2012 beruhen, in denen die neuen Studienergebnisse noch nicht berücksichtigt sind. Quellen: Leon MB et al. Transcatheter or surgical aortic valve replacement in intermediate-risk patients. N Engl J Med 2016; 374: 1609-1620; Reardon MJ et al. Surgical or Transcatheter Aortic-Valve Replacement in Intermediate-Risk Patients. N Engl J Med 2017; 376:1321-1331April; Søndergaard L et al. Two-Year Outcomes in Patients With Severe Aortic Valve Stenosis Randomized to Transcatheter Versus Surgical Aortic Valve Replacement: The All-Comers Nordic Aortic Valve Intervention Randomized Clinical Trial. Circ Cardiovasc Interv. 2016 Jun;9(6) Informationen: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) Hauptstadtbüro der DGK: Leonie Nawrocki, Tel.: 030 206 444 82 Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211 600 692 43 presse@dgk.org (Ende) Aussender: Bettschart & Kofler Kommunikationsberatung GmbH Ansprechpartner: Dr. Birgit Kofler Tel.: +49-30-700 159 676 E-Mail: kofler@bkkommunikation.com Website: www.bkkommunikation.com