Berlin (pts011/12.10.2017/10:45) – Sport wirkt lebensverlängernd. „Bereits frühe epidemiologische Studien zeigten, dass zunehmende körperliche Aktivität, zum Beispiel bei Absolventen der Harvard University, mit einer niedrigeren Mortalität verbunden war – und das auch nach der statistischen Berücksichtigung von zusätzlichen Faktoren, wie Rauchen oder Diabetes“, betont Prof. Dr. Harm Wienbergen vom Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung (BIHKF) am Klinikum Links der Weser bei den Herztagen 2017 der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft (DGK) in Berlin.
Die Mechanismen, über die Sport seine Wirkungen ausübt, sind komplex und vielfältig. Eine zentrale Rolle bei der Funktion des Endothels, der inneren Schicht, mit der Blutgefäße ausgekleidet sind, spielt die Bioverfügbarkeit von Stickstoffmonoxid (NO), so Prof. Wienbergen. Durch körperliches Training wird die NO-Verfügbarkeit gesteigert. Es kommt zusätzlich zu einer Reduktion freier Radikale, die ansonsten NO abbauen würden. Prof. Wienbergen: „Diese Mechanismen bewirken eine bessere Endothelfunktion.“ Eine eingeschränkte Endothelfunktion erhöht das kardiovaskuläre Risiko, das konnte mittlerweile in mehreren Studien dokumentiert werden. Und dass Training, zum Beispiel bei Patienten nach Herzkatheter-Interventionen, zu einer Verbesserung der Prognose sowie der Lebensqualität führt, konnte ebenfalls gezeigt werden.
Vielfältige positive Effekte von Bewegung
Mittlerweile ist es auch gelungen, direkte Effekte von Sport auf die Durchblutung des Herzmuskels nachzuweisen. Prof. Wienbergen: „Ein weiterer positiver Mechanismus von Sport bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist die Verbesserung der Funktion von Kollateralen, also Umgehungen von eingeengten oder verschlossenen Herzkranzgefäßen. Das konnten im letzten Jahr Dr. Möbius-Winkler und Mitarbeiter in der EXCITE-Studie zeigen. Wir haben also eine Vielzahl von Daten, die uns zeigen, dass Sport positive Effekte bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen hat.“
Damit stellt sich die Frage: Welcher und wie viel Sport wäre in Sachen Herzgesundheit zu empfehlen? Die Leitlinien empfehlen für gesunde Personen mindestens 150 Minuten pro Woche Training moderater Intensität oder 75 Minuten pro Woche Training hoher Intensität. Zur Unterscheidung von moderater und hoher Intensität empfiehlt Prof. Wienbergen den „Talk Test“: Training hoher Intensität bedeutet schwere Atmung, eine Konversation ist so nicht mehr möglich.
Wichtig ist, dass die Dosis des Trainings individuell angepasst wird. Bei Patienten mit Vorerkrankungen müssen diese Berücksichtigung finden, und es sollte ein individuell abgestimmtes, ärztlich kontrolliertes, Trainingsprogramm erstellt werden.
Ob die Effekte von Sport in sehr hohen Intensitäten mit moderatem Training vergleichbar sind, ist unter kardiologischen Aspekten ein kontroverses Thema. Prof. Wienbergen weist auf Studien hin, die die günstigen Effekte von Sport bei sehr hoher Intensität nur abgeschwächt oder gar nicht mehr zeigen. Allerdings zeigen nicht alle Studien übereinstimmend dieses Ergebnis. Prof. Wienbergen: „Es handelt sich um Beobachtungsstudien mit möglichen Selektionseffekten, insofern ist die Datenlage hierzu noch unklar. Für die Mehrheit der Bevölkerung gilt aber, dass zu wenig Sport getrieben wird.“
Prof. Wienbergen: „Um der zunehmenden körperlichen Inaktivität in der Bevölkerung entgegen zu wirken, sind Methoden zur Motivation wichtig. Dazu gehört nicht zuletzt eine Optimierung der Kommunikation, wie zum Beispiel das Rezept für Bewegung. Auch der Einsatz von tragbaren Devices wie Schrittzählern und Apps sowie die Implementierung langfristiger Präventionsprogramme bewähren sich.“
Aktuell wurde zu diesem Thema die IPP-Studie abgeschlossen (Intensives Präventions-Programm nach akutem Myokardinfarkt in Nordwest-Deutschland), die zeigte, dass ein langfristiges Präventionsprogramm mit Telemedizin/Schrittzählern und regelmäßigen Patientenfortbildungen die körperliche Aktivität von Herzpatienten im Vergleich zur Standardversorgung deutlich steigern kann. „Durch wiederholte persönliche Schulungen und den Einsatz der Schrittzähler konnten die Patienten motiviert werden, deutlich aktiver zu sein als die Kontroll-Patienten,“ fasst Prof. Wienbergen die Ergebnisse zusammen. „Die Studie zeigt somit, dass die Möglichkeiten der Prävention von körperlicher Inaktivität in der Bevölkerung bei weitem nicht ausgeschöpft sind und weiter gesteigert werden sollten.“
Quellen: Belardinelli R et al. Exercise training intervention after coronary angioplasty: the ETICA trial. J Am Coll Cardiol. 2001 Jun 1;37(7):1891-900; Möbius-Winkler et al. Coronary Collateral Growth Induced by Physical Exercise: Results of the Impact of Intensive Exercise Training on Coronary Collateral Circulation in Patients With Stable Coronary Artery Disease (EXCITE) Trial. Circulation 2016; 133:1438-1448, Wienbergen H et al. Intensive Long-Term Prevention Program vs. Usual Care After Myocardial Infarction – The IPP Study. Congress of the European Society of Cardiology 2017 – late breaking science P1315, V3951
Informationen: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) Hauptstadtbüro der DGK: Leonie Nawrocki, Tel.: 030/206 444 82 Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Tel.: 0211/600 692 43 E-Mail: presse@dgk.org
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