Welt-Schlaganfall-Tag: Aktiv gegen den Hirninfarkt – Wirksame Maßnahmen der Prävention

Wien (pts015/27.10.2017/13:00) – Einer aktuellen Studie zufolge sind Schlaganfälle weltweit für jährlich 6,3 Millionen Todesfälle verantwortlich, und sind somit in 11 Prozent aller Sterbefälle die Todesursache. In Österreich liegt dieser Wert bei 5,8 Prozent. Zudem stellt der „Hirninfarkt“ global gesehen die häufigste Ursache für dauerhafte und in vielen Fällen schwere Behinderungen dar. Weil die meisten Risikofaktoren von Schlaganfällen vermeidbar sind, steht der diesjährige Welt-Schlaganfall-Tag unter dem Motto der Schlaganfall-Prävention.

Bluthochdruck, Bewegungsmangel, ungünstige Blutfettwerte, Ernährung, das Verhältnis von Taillen- und Hüftumfang, Rauchen, psychosoziale Faktoren, Alkohol, kardiale Erkrankungen und Diabetes mellitus – diese zehn Risikofaktoren sind zusammen für 90 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. „Die meisten davon sind vermeidbar und mit verstärkten Bemühungen in der Prävention könnten zahlreiche Menschenleben gerettet werden“, betont OA Dr. Peter Sommer (Krankenanstalt Rudolfstiftung, Neurologische Abteilung, Neurologische Akutnachbehandlung). Mit dieser zentralen Botschaft wollen die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und die Österreichische Schlaganfall-Gesellschaft anlässlich des am 29. Oktober begangenen Welt-Schlaganfall-Tages, der diesmal unter dem Motto der Schlaganfall-Prävention steht, das Bewusstsein für diese gefährliche Erkrankung erhöhen. „Die Zahl der Betroffenen steigt weltweit weiter an“, so Dr. Sommer. „Es ist höchste Zeit, die Bemühungen zur Vorbeugung deutlich zu erhöhen.“

Typische Risikofaktoren für Schlaganfälle

In Österreich erleiden jedes Jahr etwa 24.000 Menschen einen Schlaganfall. Ein Fünftel der Frauen und ein Sechstel der Männer sind im Lauf ihres Lebens davon betroffen. In beinahe allen Fällen lassen sich die Risikofaktoren bereits lange davor identifizieren: * Fast jeder zweite Betroffene hat Bluthochdruck. * Mehr als ein Drittel haben einen bewegungsarmen Lebensstil. * Rund ein Viertel ernähren sich schlecht und essen nicht genügend Obst und Gemüse. * Rund ein Viertel haben erhöhte LDL-Cholesterin-Werte. * Einer von fünf hat Übergewicht. * Jeder Zehnte ist Raucher. * 9 Prozent leiden unter Vorhofflimmern, der häufigsten Herzrhythmus-Störungen, oder einer anderen Herzkrankheit.

Lebensstil-Änderungen dringend erforderlich

Auch wenn diese Risikofaktoren schon längst bekannt sind, hat das bisher kaum zur Änderung des Lebensstils beigetragen. „Abgesehen vom Rauchen, wo die gesetzlichen Restriktionen langsam greifen, sind die bekannten Risikofaktoren in den letzten Jahren nicht oder nicht wesentlich zurückgegangen“, bedauert Dr. Sommer. „Da haben wir noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.“

Wie eine 2015 in Salzburg durchgeführte Untersuchung zeigt, sind alarmierende Werte schon bei sehr jungen Menschen weit verbreitet. Obwohl die Studienteilnehmer im Schnitt erst 37 Jahre alt waren, wurden bei 46,9 Prozent erhöhter Blutdruck, bei 37,5 Prozent Übergewicht und bei 44 Prozent eine abdominelle Adipositas (Fett am Bauch) festgestellt. Bei 18,5 Prozent lagen drei oder mehr dieser Risikofaktoren vor.

„Wir müssen dieser Entwicklung entschlossen entgegentreten“, so Dr. Sommers Appell. „Es gibt ein Bündel von Maßnahmen, die nachweislich dafür sorgen können, dass die Zahl der Schlaganfälle reduziert werden kann.“ Allein die Bekämpfung von zu hohem Blutdruck kann, wie eine Metaanalyse zeigt, das Schlaganfall-Risiko um nahezu ein Drittel reduzieren.

„Trotz aller Fortschritte könnte auch eine noch entschlossenere Anti-Tabak-Politik die Zahl der Betroffenen noch weiter senken“, so Dr. Sommer. „Wie das Beispiel im US-Bundesstaat Arizona zeigt, gingen die Schlaganfall-Raten um 14 Prozent zurück, nachdem das Rauchen dort aus allen öffentlichen Gebäuden, Arbeitsplätzen und Restaurants verbannt wurde.“

Ein verstärkter Einsatz der neuen und hochwirksamen – leider noch teuren – PCSK9-Inhibitoren zur LDL-Cholesterin-Senkung sowie eine bessere Früherkennung und Behandlung des immer noch zu selten erkannten Vorhofflimmerns würde weitere Leben retten und Behinderungen ersparen.

„Ganz besonders müssen unsere Bemühungen zur Lebensstil-Umstellung natürlich jenen gelten, die bereits einen Schlaganfall hatten“, so Dr. Sommer. „Studien zeigen, dass strukturierte Nachbetreuungsprogramme immer dann besonders effizient sind, wenn es um die Umstellung des Lebensstils geht. Hier gilt es die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters besser zu nutzen und solche Programme zu forcieren.“

Positive Bilanz in der Akutversorgung

Was die Akutversorgung betrifft, ziehen Österreichs Neurologen anlässlich des Welt-Schlaganfall-Tages jedoch eine sehr positive Bilanz. „Es gibt wenige andere Krankheiten, deren Behandlungsmöglichkeiten sich in jüngerer Vergangenheit derart revolutionär verbessert haben, und in wenigen anderen Ländern wurden diese Möglichkeiten so gut genutzt wie in Österreich“, bilanziert Dr. Sommer. Mit inzwischen 38 Stroke Units sorgt ein Netz hochspezialisierter Versorgungseinrichtungen für die flächendeckende Basisversorgung. Die Mehrheit aller Schlaganfall-Patienten wird in Österreich in einer Stroke Unit behandelt, bis zu 25 Prozent werden mittels intravenöser Thrombolyse versorgt.

Therapiefortschritt endovaskuläre Behandlung

Für besonders schwere Fälle, in denen die Gehirngefäße von massiven Verschlüssen blockiert werden, stehen heute elf Zentren bereit, in denen der neue Therapiestandard der endovaskulären Behandlung zur Anwendung kommt. „Wenn es nicht genügt, die Gefäßverschlüsse mit Medikamenten aufzulösen, wird ein schraubenförmiger Bohrer über einen Katheter bis zum Gerinnsel vorgeschoben und der Verschluss durch Herausziehen entfernt – ähnlich wie der Korken einer Flasche“, so Dr. Sommer. „Diese endovaskuläre Therapie ist ein Meilenstein und wir können stolz sein, dass wir sie in Österreich so rasch verfügbar machen konnten. Das ist in Zeiten, wo überall gespart werden muss, keineswegs selbstverständlich.“

Derzeit erhalten bis zu 10 Prozent der Schlaganfall-Patienten eine endovaskuläre Behandlung. Sie ist wegen Infrastruktur und Behandlungsqualität auf einige wenige spezialisierte Zentren konzentriert. Denn sie setzt nicht zuletzt auch ein gut funktionierendes Transportwesen voraus, wo Patienten rasch und ohne Verzögerung nötigenfalls auch mit dem Hubschrauber zur endovaskulären Intervention und danach wieder zurück an die erstversorgende Stroke Unit gebracht werden können.

Zeit ist Gehirn

Während vom Eintreffen der Patienten in den spezialisierten Units bis zum Beginn der Behandlung dank der Optimierung aller Abläufe oft nur mehr 30 Minuten vergehen, verlieren viele Betroffene davor zu viel kostbare Zeit. „Fast jeder Dritte zögert sogar dann, sofort ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn die Symptome deutlich erkennbar sind“, weiß Dr. Sommer. „Hier sind weitere Aufklärungsmaßnahmen nötig und die Mittel dafür sicher gut investiert. Im Erfolgsfall können damit viele Leben gerettet und den Betroffenen oft ein Leben mit schweren Behinderungen erspart werden.“

F – A – S – T: Was medizinische Laien für den Akutfall wissen müssen

Was man für den Akutfall eines Schlaganfalls wissen sollte, lässt sich in vier Buchstaben zusammenfassen: mit dem englischen Wort für schnell, also F – A – S – T: F wie Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lachen. Hängt der Mundwinkel auf einer Seite herab? A wie Arm: Bitten Sie die Person, beide Arme zu heben. Ist ein Arm gelähmt und sinkt nach unten? S wie Speech (Sprache): Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz zu wiederholen. Sind die Worte undeutlich? Kann sie den Satz korrekt wiederholen oder hat sie Schwierigkeiten ihn zu verstehen? T wie Time (Zeit): Wenn eines der oben genannten Symptome auftritt, ist Zeit ein wichtiger Faktor. Rufen Sie sofort die Rettung (144) und fahren Sie ins Krankenhaus.

Quelle: Global, regional, and national burden of neurological disorders during 1990-2015: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2015; GBD 2015 Neurological Disorders Collaborator Group. Lancet Neurol 2017, Published Online, September 17, 2017, dx.doi.org/10.1016/S1474-4422(17)30299-5

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