Wien (pts010/23.03.2018/09:30) – Lockere Dachziegel, lose Fassadenteile, ein wackeliges Geländer oder klapprige Dachrinnen. Sie machen sicher keinen guten Eindruck. Vor allem aber können sie auch Bewohner eines Hauses oder Passanten akut gefährden. Eigentümer von Gebäuden haben deshalb eine besondere Verantwortung und sind gesetzlich dazu verpflichtet, Sorge dafür zu tragen, dass von ihrem Eigentum keine Gefahr für die Sicherheit von Personen oder deren Eigentum ausgeht. Das ABGB, das Wohnungseigentums-, das Wohnungsgemeinnützigkeits-, oder das Mietrechtsgesetz enthalten Bestimmungen über die Erhaltungspflichten von Gebäudeeigentümern oder deren zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten.
Orientierung mit Hilfe standardisierter Verfahrensregeln
Das heißt konkret für die Betroffenen, zahlreichen Prüf-, Kontroll- und Überwachungspflichten in unterschiedlichem Ausmaß und Intensität nachzukommen, um erkennbare Gefahren zu beseitigen, möglichen Gefahren vorzubeugen und vorausschauend für einen sicheren Zustand der Gebäude zu sorgen. Wie man dabei in der Praxis am besten vorgeht, erläutert die ÖNORM B 1300 „Objektsicherheitsprüfungen für Wohngebäude – Regelmäßige Prüfroutinen im Rahmen von Sichtkontrollen und zerstörungsfreien Begutachtungen – Grundlagen und Checklisten“, die Anfang Februar 2018 in einer Neuausgabe erschienen ist. Mit dieser Orientierungshilfe und ihren standardisierten Verfahrensregeln lassen sich auf einfache und übersichtliche Weise die erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen für wiederkehrende Sichtkontrollen als „präventives Instrument der Objektsicherheit“ treffen.
Keine Verpflichtung zur permanenten Modernisierung
Eine der wesentlichen Änderungen, mit denen die Neuausgabe aufwartet, ist die (Neu-)Definition des Sollzustands. „Damit sollte verdeutlicht werden, dass es keine generelle Modernisierungspflicht des Eigentümers zur laufenden Anpassung an die aktuellen ‚höchstmöglichen‘ Sicherheitsstandards gibt“, wie dazu Mag. Michaela Schinnagl, Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen, Revisionsverband, und Ursula Pernica vom Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder – beide haben an der Überarbeitung der B 1300 mitgewirkt – feststellen: „Die Pflicht zur Adaptierung aktueller, ortsüblicher Sicherheitsstandards wird erst ausgelöst, wenn ein Baugebrechen oder ein augenscheinlich wahrnehmbarer Mangel im Sinne einer Reparaturbedürftigkeit, Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Personengefährdung dies erforderlich macht.“
Damit wird in der Ausgabe 2018 aber auch klargestellt, dass sich Liegenschaftseigentümer nicht ausschließlich auf eine seinerzeit bauordnungsgemäße Errichtung und die – vielleicht schon vor Jahrzehnten – erwirkte Erteilung der Bau- bzw. Benützungsbewilligung (Fertigstellungsanzeige) zurückziehen dürfen. In diesen beiden Punkten hat es bei der ersten Ausgabe immer wieder unterschiedliche Ansichten und Interpretationen gegeben. „Das sollte nun zweifelsfrei klargestellt sein“, betont dazu Dipl.-Ing. Johannes Bockstefl, Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe „Objektsicherheitsbelange“ bei Austrian Standards.
ÖNORM B 1300 ist kein Gesetz
Missverständnisse hat es in der Vergangenheit auch immer wieder über die „Verbindlichkeit“ der ÖNORM B 1300 gegeben. Dipl.-Ing. Stefan Wagmeister, zuständiger Komitee-Manager bei Austrian Standards, stellt klar: „Die ÖNORM B 1300 ist, wie fast alle ÖNORMEN, eine Empfehlung. Es steht grundsätzlich frei, ob und in welchem Umfang sie angewendet wird. Ihre Einhaltung ist jedenfalls gesetzlich nicht vorgeschrieben.“
Nur mehr zwei Fristen für Behebungen
Geändert wurden in der Neuausgabe u. a. auch die Vorgaben zu den Behebungsfristen, wie sie in den (informativen Checklisten) – diese sind als Handlungsleitfaden zu verstehen – angeführt sind. Künftig sollen dort nur mehr zwei Fristen aufscheinen: eine, um bei Gefahr in Verzug unverzüglich tätig zu werden, sowie eine, die das Prüforgan anlassbezogen und angemessen immer selbst nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls festlegt. Die Neuausgabe der ÖNORM B 1300 versteht sich insgesamt als praxisorientierte Empfehlung zur ganzheitlichen Betrachtung der Objektsicherheit in Wohngebäuden. Eine strukturierte Dokumentation für alle Elemente eines Wohngebäudes soll es erleichtern, die Prüfroutinen vor Ort effizient durchzuführen und darzustellen.
Das im informativen Anhang A angebotene Checklistensystem ist ein Beispiel einer praxisorientierten Hilfe für die Früherkennung von typischen Mängeln oder Schäden. Die Listen stehen auch in elektronischer Form in einem Downloadbereich von Austrian Standards zur Verfügung. Bei Neubauten bzw. umfassenden Sanierungen ist, wie in der Norm empfohlen wird, eine erste Objektsicherheitsprüfung im Jahr nach der Fertigstellung bzw. nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist durchzuführen.
Bibliografie: ÖNORM B 1300 Objektsicherheitsprüfungen für Wohngebäude – Regelmäßige Prüfroutinen im Rahmen von Sichtkontrollen und zerstörungsfreien Begutachtungen – Grundlagen und Checklisten
Weblink: http://bit.ly/OENORMB1300
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Aussender: Austrian Standards International – Standardisierung und Innovation Ansprechpartner: Dr. Johannes Stern Tel.: +43 1 21300-317 E-Mail: j.stern@austrian-standards.at Website: www.austrian-standards.at