Wien (pts020/21.03.2018/11:00) – Highlights des 4. Fachtages „Prävention, Rehabilitation & Physikalische Medizin“ in Wien
„In einer nur interdisziplinär und multiprofessionell funktionierenden Medizin spielt die effektive und kosteneffiziente, berufsgruppen- und fachübergreifende Zusammenarbeit eine tragende Rolle, wobei die Physikalische Medizin mit ihren physikalischen Modalitäten in Prävention, Rehabilitation und Partizipation eine herausragende Position hat“, so Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der MedUni Wien und Präsident der ÖGPMR. „Prävention“, „Rehabilitation“, „soziale und berufliche (Arbeitsfähigkeit) Partizipation (Teilhabe)“ sowie „gesunde Lebensjahre mit hoher Lebensqualität“ sind demografisch, sozioökonomisch und gesundheitspolitisch höchst relevante Aspekte und waren Themen des 4. Fachtages „Prävention, Rehabilitation & Physikalische Medizin“.
Das Thema Prävention und Rehabilitation wurde auch aus Sicht der Ärztekammer, des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und des Arbeitsinspektorates sowie der AUVA beleuchtet. Ärztekammerpräsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres befand: „Es gibt sehr gute Ansätze, aber das Follow-Up nach Rehabilitationen lässt teilweise zu wünschen übrig. Nur durch eine bessere Vernetzung der Einrichtungen wird es gelingen, die Patienten rechtzeitig einer zielgerichteten Therapie zuzuführen und später eine nachhaltige Lebensstiländerung zu bewirken.“
Mit den österreichischen Gesundheitszielen und der Gesundheitsförderungsstrategie haben sich die Akteure aus unterschiedlichsten Politikbereichen auf dem Weg gemacht, Herausforderungen durch chronische Erkrankungen gemeinsam zu meistern, sagte Hauptverband-Vorsitzender Dr. Alexander Biach: Nun müssen konkrete Maßnahmen „zu den Menschen gebracht und wirksam werden.“
Onkologischen Rehabilitation und „Cancer survivorship“
Dass die Physikalische Medizin und Rehabilitation dazu wirksam beitragen kann, dokumentierten auf der Fachtagung eine Reihe von Abstracts und Referaten. Prof. Crevenna ging auf die onkologische Rehabilitation im Kontext der „Cancer survivorship“ ein: „Durch die Entwicklungen der modernen Krebsbehandlung gegebene, steigende Überlebensraten bei Krebserkrankungen erfordern nach der den Krebs behandelnden ‚Akutmedizin‘ den darauf folgenden Schritt der Rehabilitation, um deren Erfolge nachhaltig zu sichern und zu verbessern. Die onkologische und die lymphologische Rehabilitation führen bei den Rehabilitanden zur Verbesserung des funktionellen Status, der Lebensqualität und der Partizipation. Das spielt im Kontext von ‚Arbeitsfähigkeit‘, ‚Return to work‘ und Wiedereingliederung nach langem Krankenstand eine wichtige Rolle.“ Ein Thema, das durch das im Vorjahr in Kraft getretene Wiedereingliederungsteilzeitgesetz an Bedeutung gewonnen habe.
„Eine wesentliche Säule der onkologischen Rehabilitation stellen, wie aktuelle Daten zeigen, Maßnahmen aus dem Gebiet der Physikalischen Medizin und Rehabilitation dar, und hier unter anderem die Medizinische Trainingstherapie, Physiotherapie, Ergotherapie, aber auch die Massagetherapien, Elektrotherapien und balneologische Therapien“, führte Prof. Crevenna aus.
Krafttraining für onkologische und lymphologische Patienten
Univ.-Ass. Mag. Timothy Hasenöhrl (MedUni Wien) ging auf die Bedeutung des Krafttrainings für onkologische Patienten ein, dessen Erforschung gegenüber dem Ausdauertraining noch im Rückstand sei: „Auch wenn viele Details der optimalen Zusammenstellung eines spezifischen Krafttraining-Programms für Krebspatienten noch unklar sind, zeigt sich in der bestehenden Literatur, dass Krebspatienten von Krafttraining profitieren und kein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht. Das ist speziell für Prostata- und Brustkrebs gut belegt, für andere Krebsentitäten fehlt noch höherwertige Evidenz.“
Die orthopädische Rehabilitation
Exemplarisch für die orthopädische Rehabilitation führte Prim. Dr. Peter Machacek (Rehaklinik Wien Baumgarten) die Rehabilitation nach Knie-Totalendoprothese an: „Es zeigt sich, dass hier vor allem das sensomotorische Training für eine erfolgreiche rasche Mobilisation ausschlaggebend ist. An physikalischen Anwendungen sind zunächst die Kryotherapie sowie Kompressionen und Lymphdrainage zielführend, zusätzlich bewähren sich die Schwellstrom Therapie und TENS.“
Am Beispiel des Kreuzschmerzes (Low Back Pain) wird verdeutlicht, „dass es noch immer unzureichend valide Untersuchungstechniken gibt, um einen spezifischen Kreuzschmerz zu detektieren“, so Prim. Machacek. „Beim chronischen unspezifischen Kreuzschmerz ist die Umsetzung eines ‚functional restoration programs‘ mit engmaschigen aktivierenden und edukativen Einheiten erstrebenswert. Die Zukunft der Rehabilitation am Bewegungsapparat liegt unter anderem auch in den Möglichkeiten der modernen Medien und Techniken, Stichwort: Telerehabilitation.“
„Gesundheitsvorsorge Aktiv“
Grundsätzlich werde die Kur als Präventivmaßnahme mit dem Schwerpunkt der Sekundärprävention angeboten, Präventivcharakter habe die Verbesserung des Lebensstils, sagte Prim. Dr. Christian Wiederer (Klinikum am Kurpark Baden, Kurhaus Bad Gleichenberg). Da dieses Thema nicht immer im Vordergrund der bisherigen Kuranwendungen gestanden seien, hat die PVA vor über drei Jahren ein Pilotprojekt mit der Bezeichnung „Gesundheitsvorsorge Aktiv“ (GVA) in acht Kuranstalten in Österreich gestartet. Prim. Wiederer: „Die Evaluation nach zwei Jahren hat sehr positive Ergebnisse gebracht. Die Kurgäste haben die GVA angenommen und konnten entsprechende Inhalte zur Verbesserung der wesentlichen lebensstilmodifizierenden Faktoren mitnehmen. Derzeit wird die GVA nach einer Überarbeitung und Erweiterung, sowie einer Neuausschreibung in den österreichischen Kurhäusern institutionalisiert.“
Updates, die auf die hohe Effektivität der Fokussierte Stoßwellentherapie und der Elektrotherapie hinwiesen, rundeten das Programm ab.
Weniger individuelles Leid, geringere Kosten für die Allgemeinheit
„Maßnahmen aus der Physikalischen Medizin führen bei richtiger Indikationsstellung, Rezeptur und Durchführung nur zu vernachlässigbaren Nebenwirkungen, vor allem zu keinen negativen zentralnervösen Nebenwirkungen“, so Prof. Crevenna. „Damit sind sie, fachärztlich und individuell rezeptiert, sicher, effektiv und kosteneffizient einsetzbar und auch eine wirkungsvolle Alternative bzw. Ergänzung für Kinder/Jugendliche, Schwangere, geriatrische und multimorbide bzw. schwerwiegend erkrankte Patienten.“
Physikalische Therapien tragen zu einer erhöhten beruflichen und sozialen Teilhabe und einem selbstbestimmten Leben mit Unabhängigkeit von fremder Hilfe bei: „Das vermindert nicht nur individuelles Leid, sondern auch Kosten für die Allgemeinheit durch weniger Krankenstandstage, geringeren Arbeitsausfall, weniger Ausgaben für teure Krankenbehandlungen, weniger Pflegebedarf etc. sparen helfen kann“, bilanziert Prof. Crevenna
Buchtipp: Neues Kurzlehrbuch von Prof. Crevenna Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der MedUni Wien und Präsident der ÖGPMR, hat das neue Kurzlehrbuch „Physikalische Medizin und Rehabilitation“ veröffentlicht. Es bietet auf 248 Seiten einen Überblick über die diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Möglichkeiten seines Faches. Neben bewährten Methoden und Konzepten werden auch moderne, zukunftweisende Aspekte des Faches behandelt. Das Buch soll „die Einordnung der Physikalischen Medizin und Rehabilitation in ein modernes Versorgungskonzept“ ermöglichen. Das Buch ist erschienen im Facultas-Verlag und kostet in Österreich 29,90 Euro. Facultas; 1. Auflage, ISBN: 978-3-7089-1409-1.
Buchcover und Portraitaufnahme von Prof. Crevenna: https://goo.gl/ZzMKan
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