Schmerzmanagement in der stationären Altenpflege

Wien/Salzburg (pts009/01.02.2019/09:40) – Fast 38 Prozent der Bewohner von Altersheimen in Deutschland leiden unter chronischen Beschwerden. Das hat der Ärztliche Dienst des Bundesverbandes der Krankenkassen e.V. vor kurzem ermittelt. „Professionelles Schmerzmanagement in Senioren- und Pflegeheimen ist ein großes, aber auch sehr herausforderndes Thema. Gerade bei kognitiven Einschränkungen ist es schwierig, die Beschwerden der Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen richtig einzuschätzen“, erklärt ÖSG-Vorstandsmitglied Univ.-Prof. Dr. Jürgen Osterbrink (Vorstand, Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg) anlässlich der 18. Österreichischen Schmerzwochen.

Wie schwierig eine korrekte Schmerzerfassung ist, illustriert eine aktuelle Studie, die die Situation von 120 Seniorinnen und Senioren in neun deutschen Altenheimen erfasst hat. Die Analyse ergab, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer unter Demenz litt, was die Schmerzmessung erschwerte. Bei immerhin 108 Personen war sie trotzdem möglich, wenn auch mit unterschiedlichen Methoden: Senioren mit keinen oder moderaten kognitiven Einschränkungen beurteilten ihren Zustand selbst, bei Personen mit fortgeschrittener Demenz wurde eine Fremdeinschätzung vorgenommen, und bei einigen wurden Selbst- und Fremdeinschätzung kombiniert.

„Bei der großen Mehrheit, also fast 78 Prozent, konnten Schmerzen festgestellt werden, doch gleichzeitig ergaben sich Diskrepanzen, die uns zu denken geben sollten“, so Studienautorin Ass.-Prof. Dr. Nadja Nestler. Denn 70,6 Prozent der Personen mit stärkeren kognitiven Einschränkungen gaben Beschwerden zu Protokoll, aber nur bei 55 Prozent dieser Gruppe ließ sich auch ein schmerzassoziiertes Verhalten beobachten. „Folglich besteht bei Fremdeinschätzungen die Gefahr, dass Schmerzen übersehen werden. Das muss uns bewusst sein“, betont Dr. Nestler.

Chronische Schmerzen beeinträchtigen Lebensqualität

Die Lebensqualität von Altenheimbewohnern steht in engem Zusammenhang mit deren Schmerzsituation. Das macht die Studie „PIASMA – Projekt zur Implementierung eines adäquaten Schmerzmanagements in der Altenhilfe“ (Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterbrink, Projektkoordination: Ass.-Prof. Dr. Irmela Gnass, Mag. Patrick Kutschar) der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg deutlich, für die 354 auskunftsfähige Bewohner in 20 bayrischen Altenheimen befragt wurden. „Verglichen mit dem Referenzwert der deutschen Gesamtbevölkerung über 60 Jahre erreichten die befragten Altenheimbewohner im Schnitt einen um 17,5 Punkte geringeren Lebensqualitätsscore [ 0-100 ] .

Was die Lebensqualität in hohem Maße drückt, sind depressive Symptome und schmerzbedingte Beeinträchtigungen“, erklärt Studienautorin Anna Brandauer, MSc, BA, (Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg). Mehr als die Hälfte der Befragten berichtete von Schmerzen und davon lebte etwa jeder zweite mit chronischen Schmerzen, also mit Beschwerden, die länger als drei Monate anhalten. „Die geringste Lebensqualität, und das mit deutlichem Abstand, hatten chronische Schmerzpatienten im Vergleich zu Personen mit akuten oder keinen Beschwerden“, so Brandauer. „Ein effektives multiprofessionelles Schmerzmanagement, das den Senioren vor allem eine Erleichterung bei den alltäglichen Aktivitäten bringt und somit deren Lebensqualität deutlich verbessert, ist daher dringend zu fordern“, so Prof. Osterbrink.

Mehr Schulungen, bessere Schmerzerkennung

Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist Pflegepersonal, das hinsichtlich Schmerzerfassung, -dokumentation und -beratung adäquat geschult ist. Dies wurde auch im Rahmen der PIASMA-Studie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg untersucht: Pflegekräfte aus 20 zufällig ausgewählten bayrischen Altenheimen wurden per Online-Fragebogen zum pflegerischen Schmerzmanagement bei chronischen Schmerzen befragt – und zwar vor und nach einem Interventionspaket. Dieses umfasste externe Fortbildungsmaßnahmen, interne Qualitätszirkel und Online-Schulungen, allesamt mit dem Ziel, für das Thema Schmerz in der stationären Altenhilfe zu sensibilisieren. Insgesamt nahmen 165 Pflegekräfte an der ersten und 129 an der zweiten Befragungsrunde teil.

„Die Maßnahmen haben Wirkung gezeigt“, berichtet Studienautorin Stefanie Berger, BScN (Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg). Vor der Intervention gaben 65,6 Prozent an, Assessmentinstrumente zur Schmerzerfassung bei selbstauskunftsfähigen Altenheimbewohnern zu verwenden, nach der Intervention waren es schon über 72 Prozent. „Vor allem scheint das Bewusstsein dafür gestiegen zu sein, wann welche Messmethoden angezeigt sind. Nach dem Fortbildungspaket wurde bei selbstauskunftsfähigen Bewohnern die BESD-Skala zur Fremdeinschätzung von Schmerz seltener eingesetzt, weil es in diesem Fall besser ist, die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen.“ Zudem schätzten die Pflegepersonen den Anteil an Senioren in stabilen Schmerzsituationen zum Messzeitpunkt deutlich höher ein als vor der Intervention. „Die Intervention hat dem Thema Schmerz mehr Aufmerksamkeit gebracht. Eine kontinuierliche Weiterbildung von Pflegekräften ist daher maßgebend für die Verbesserung der Schmerzsituation von Altenheimbewohnern“, fasst Berger zusammen.

Quellen: WPC 2018 Abstract PSN264, Nestler N et al, Concomitance Between Pain, Mobility an Cognitive Capacity in Residents of German Nursing Homes; DSG Schmerzkongress 2018, Abstract P07.04: Berger, S et al, Schmerzmanagement aus pflegerischer sicht: Online-Befragung examinierter Pflegekräfte in der stationären Altenhilfe, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg; DSG Schmerzkongress 2018, Abstract P07.05, Brandauer et al, Schmerz als zentraler Einflussfaktor auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität in der stationären Altenpflege.

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