Innsbruck (pts019/13.03.2019/16:00) – Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen die Kostenpyramide im Gesundheitswesen an. In Deutschland lagen sie 2017 mit 13.7 Prozent der Gesamtausgaben deutlich vor psychischen Erkrankungen und Erkrankungen des Verdauungssystems. Umgelegt auf die Gesamtkosten des österreichischen Gesundheitssystems mit 38,46 Milliarden Euro bedeutet das, dass immerhin 5,27 Milliarden Euro auf Vorsorge, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen entfallen. Vor allem die dabei häufig benötigte Intensiv- und Gerätemedizin und die Rehabilitation sind teuer.
„Der billigste Patient ist der, den wir gar nicht sehen, weil er nicht zu uns kommt“, sagt Kongressleiter Univ. Prof. Dr. Guy Friedrich, Kardiologie Innsbruck. Mit dem Kongress-Schwerpunkt auf Primär- und Sekundärprävention hat der Innsbrucker Kardiologiekongress einerseits einen Beitrag geleistet, um Menschen zur richtigen Vorsorge zu motivieren und vor den lebensbedrohenden Problemen und familiären Schockerlebnissen rund um Herzinfarkt und Schlaganfall zu bewahren. „Andererseits helfen wir in der derzeitigen Spardiskussion dem österreichischen Gesundheitssystem, effizient zu sparen. Herzinfarkt- und Schlaganfall-Vorsorge ist also eine Win-Win-Situation für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem gleichermaßen“, sagt Friedrich.
Während die ÖsterreicherInnen ihre Autos regelmäßig zum Service bringen, ist das mit dem eigenen Körper längst nicht Standard. „Wer entsprechend vorsorgt und seinen Körper pflegt, spart ‚Reparaturkosten‘ und für sich und seine Familie jede Menge Probleme und Leid“, sagt Friedrich. Dabei ist Herzinfarkt-Vorsorge im ersten Schritt einfach: Der Hausarzt erstellt eine Risikoanalyse. Im zweiten Schritt gilt es, die belastenden Risikofaktoren sukzessive auszuschalten oder entsprechend zu behandeln. Dazu gehören Rauchen, zu hoher Blutdruck und zu hohes Cholesterin, Übergewicht, ungesundes Essen und wenig Bewegung, Diabetes sowie Stress und genetische Disposition. Schon ein Risikofaktor weniger bringt zwischen 10 und 25 % weniger Gesamtrisiko, an einem Herzinfarkt zu erkranken.
„Viele Menschen leben heute bereits wesentlich gesundheitsbewusster“, ortet Prim. Univ. Prof. Dr. Andrea Podczeck-Schweighofer, Präsidentin der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. „Vor allem in der Altersgruppe bis 60 gibt es bereits erste Anzeichen eines Rückganges von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, freut sich Podczeck-Schweighofer über die positive Trendwende.
Aus für Vorsorge-Mythos Aspirin und Nahrungsergänzungsmittel Vitamine und Omega-3-Fettsäuren
Damit Vorsorge nicht zur Pseudovorsorge wird, räumte der Kongress mit gut gepflegten Mythen auf: „Aspirin(ASS) für alle bringt leider nichts in der Primärvorsorge – weder für gesunde Menschen noch für RisikopatientInnen“, zitiert Prof. Dr. Dietmar Trenk, Leiter der Klinischen Pharmakologie am Universitäts-Herzzentrum Freiburg, die Ergebnisse von drei neuen, großen Studien. Das Risiko, Blutungen zu erleiden, ist dabei deutlich höher als der Nutzen, einen Herzinfarkt zu verhindern.
Ebenfalls verblasst ist der Mythos, dass die Vitamine C, E, D und Beta Carotin koronare Herzerkrankungen verhindern könnten, weil sie entzündungshemmende Wirkung haben. „Leider negativ“, sagt Univ. Prof. Dr. Christoph Säly, Leitender Oberarzt am Landesklinikum Feldkirch. „Im Gegenteil, hohe Vitamin-E-Gaben steigern möglicherweise sogar die Sterblichkeit.“ Ähnlich enttäuschend auch das Ergebnis mehrerer Studien, die die kardiologische Wirkung von Omega-3-Fettsäuren untersuchten. 1 Gramm Omega-3-Fettsäuren pro Tag als Nahrungsergänzungsmittel zeigte keine Wirkung. Weil Nahrungsergänzungsmittel in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse entweder überhaupt keine oder keine gesicherte Wirkung haben, empfehlen die aktuellen ESC-Leitlinien, darauf zu verzichten und sich gesund zu ernähren. Die Empfehlung geht vor allem hin zur „mediterranen Ernährung“.
Phänomen „Weekend-Warrior“
Regelmäßige körperliche Betätigung hat sich als echtes Super-Medikament erwiesen – auch in der Prävention gegen koronare Herzerkrankungen. Wie bei jedem Medikament ist auch hier die Dosierung wichtig: Ärzte warnen vor übertriebenem sportlichen Ehrgeiz und dem Phänomen des „Weekend-Warriors“. Statt am Sonntagmorgen die sportlichen Versäumnisse der Woche aufzuholen und seinen Körper zu Höchstleistungen anzutreiben, empfehlen Ärzte drei bis vier Sporteinheiten pro Woche. Sportliche Höchstleistungen können vor allem bei nicht austrainierten Sportlern unter Umständen zu Herzschäden führen. In jedem Fall schädlich ist sportliche Leistung, wenn der Körper durch eine Infektion geschwächt ist.
Abnehmen senkt das Infarktrisiko
Übergewicht und Adipositas gehören zu den Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Lebensstil-Umstellung, aber auch neue hocheffektive Medikamente gehören heute zur Abnehm-Therapie. „Dass Abnehmen signifikant positiv auf das Herz-Kreislauf-Risiko wirkt, wissen wir beispielsweise aus Studien über bariatrisch-chirurgische Interventionen“, berichtet Prim. Univ. Prof. Dr. Monika Lechleitner, Ärztl. Direktorin Landeskrankenhaus Hochzirl.
Neue Blutdruck-Leitlinien empfehlen Therapie ab 140/90
Die europäischen Gesellschaften für Kardiologie und Hypertensiologie haben 2018 eine neu überarbeitete Version der Leitlinien zum Vorgehen bei arterieller Hypertonie herausgegeben. „Im Gegensatz zu den amerikanischen Leitlinien wird in der Diagnostik noch immer auf die Ordinationsblutdruckmessung zurückgegriffen, allerdings müssen die Messungen wiederholt durchgeführt werden und Blutdruckmessungen zu Hause werden als eine gleichwertige Alternative gesehen“, sagt Univ. Prof. Dr. Gert Mayer, Direktor Univ.-Klinik für Innere Medizin IV, Innsbruck. Für die Diagnose sollten an die 30 Messungen herangezogen werden. Als normal gelten Blutdruckwerte bis 139/89. Eine Therapie sollte ab 140/90 eingeleitet werden. Wobei für Menschen unter 65 Jahren der Zielwert des systolischen Blutdrucks bei 120-129 liegt und der diastolische Druck bei <80 mmHg. HochrisikopatientInnen wird bereits ab Blutdruckwerten 130-139/85-89 eine medikamentöse Therapie empfohlen. Wie hoch ist der gesunde Cholesterinwert? Im Visier steht beim Fettstoffwechsel der sogenannte LDL-Wert (Low Density Lipoprotein). Die Leitlinien sehen Normalwerte von 130 bis 150 in der Primärprävention vor. Nach einem Herzinfarkt darf der LDL-Wert nur mehr 70 erreichen. Sekundärprävention ein Leben lang Nach einem Herzinfarkt lässt sich durch eine intensive medikamentöse Behandlung und hohe Therapietreue das Risiko eines neuerlichen Infarktes um 75 % senken. Weil die Therapietreue mit der Menge der Tabletten deutlich nachlässt, empfiehlt Priv. Doz. Dr. Christoph Brenner, REHA Zentrum Münster, die Umstellung auf die sogenannten "Polypillen", bei denen mehrere Wirkstoffe in einer Kapsel konzentriert sind. Anders als in der Primärprävention kommt in der Sekundärprävention Aspirin (ASS) zum Einsatz. In der Sekundärprävention empfehlen die Leitlinien der Fachgesellschaften die lebenslange Behandlung mit ASS. Das Risiko für einen weiteren Herzinfarkt oder Schlaganfall lässt sich damit um 2.5% verringern. Hier überwiegt also der Nutzen für den Patienten das um etwa 0.4% erhöhte Risiko für extrakranielle Blutungen eindeutig. Nähere Informationen: e & k public relations, Charlotte Sengthaler, Telefon +436642030370, c.sengthaler@ekpr.at (Ende) Aussender: Kardiologiekongress Innsbruck – Charlotte Sengthaler e.U. Ansprechpartner: Charlotte Sengthaler Tel.: 0664/2030370 E-Mail: c.sengthaler@ekpr.at Website: www.ekpr.at