Wien (pts021/30.01.2020/13:00) – Die Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) – bestehend aus ExpertInnen der pharmazeutischen Institute der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien – hat es sich zur Aufgabe gemacht, nach strengen Auswahlkriterien jährlich die Arzneipflanze des Jahres in Österreich zu küren . Die Wahl für 2020 fiel auf Lavendel . Wissenschaftliche Studien belegen u.a. die Wirksamkeit bei Angststörungen und anderen psychischen Erkrankungen sowie bei Infekten der Atemwege.
HMPPA: Interdisziplinäres Kompetenzzentrum für Arzneipflanzen
Die HMPPA ist ein einzigartiges Netzwerk, das seit seiner Gründung im Jahre 2006 mit höchster Kompetenz daran arbeitet, Naturstoffe und pflanzliche Arzneistoffe zu entwickeln. „Ziel ist es letztendlich, diese Erkenntnisse gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zum Wohle der Patienten nach modernsten wissenschaftlichen Standards umzusetzen“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Hermann Stuppner , Präsident der HMPPA, Institut für Pharmazie/ Pharmakognosie, Universität Innsbruck.
Tätigkeitsfelder der HMPPA sind die Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung sowie deren Umsetzung in der pharmazeutischen Industrie sowie die Aus- und Weiterbildung im Bereich pflanzlicher Arzneimittel. Zudem bestehen Kooperationen mit weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen, Registrierungsbehörden, Organisationen und Partnern aus der Wirtschaft in Österreich und dem europäischen Umfeld.
Lavendel – Porträt der Arzneipflanze 2020
„Lavendel zählt zu den seit jeher wohl bekanntesten Aroma-, Duft und Zierpflanzen und besitzt eine jahrhundertealte Tradition als Arzneidroge und Duftstoff“, erklärt em. o. Univ.-Prof. Dr. Chlodwig Franz , Vizepräsident der HMPPA, Abt. Funktionelle Pflanzenstoffe, Vetmeduni Wien. Die Gattung Lavandula umfasst etwa 40 Arten und gehört in die Pflanzenfamilie der Lippenblütler (Lamiaceae oder Labiatae). Größere praktische Bedeutung besitzen heutzutage Echter Lavendel (L. angustifolia Mill.), Speiklavendel (L. latifolia Medik.) sowie Hybridlavendel oder Lavandin (L. x hybrida Rev.ex Briq).
Die Lavendelarten sind meist kleine, 0,4 bis 1,5 Meter hohe, ausdauernde Sträucher mit kreuz-gegenständigen, lanzettlichen, ganzrandigen oder gezähnten Blättern an vierkantigen Stängeln. Endständig wirtelig in Scheinähren sind hell- bis dunkelvioletten, selten weißen Blüten angeordnet.
Vorwiegend in den Öl-Drüsenköpfchen der Blütenblätter befindet sich das ätherische Lavendelöl in Konzentrationen von 0,5 bis 3,0 Prozent der Blütendroge. Dieses besteht bei Echtem Lavendel und Hybridlavendel aus den Hauptkomponenten Linalylacetat und Linalool. Speiklavendel-Öl enthält als Hauptkomponenten 1,8-Cineol und Campher. Andere Komponenten mit geringeren Anteilen sind u.a. Terpinen-4-ol, alpha-Terpineol, Limonen sowie Lavandulol.
Inhaltsstoffe und Wirkungen
„Die Wirksamkeit der Inhaltsstoffe von Lavendelöl ist durch zahlreiche Studien belegt“, erläutert Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. Brigitte Kopp , Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien. Reines ätherisches Öl aus Echtem Lavendel zeigt in-vitro eine breite antimikrobielle Wirkung gegen eine Vielzahl an Keimen. In Tierstudien wurden krampflösende, beruhigende, schmerzstillende und entzündungshemmende Effekte nachgewiesen. Lavendelöl kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und im zentralen Nervensystem funktionelle Veränderungen hervorrufen, die der angstlösenden klinischen Wirkung entsprechen.
Speiköl wirkt expektorierend, sekretolytisch, antibakteriell, krampflösend und entzündungshemmend. Unterstützt wird die expektorierende Wirkung durch antimikrobielle Effekte gegen diverse Bakterien und Pilze. Durch Speiköl kommt es zu einer Besserung der mukoziliären Clearance bei akuten und chronischen Erkrankungen der Atemwege.
Positive Effekte gegen Angststörungen & Co.
Angststörungen stellen in Westeuropa mit Abstand die am weitesten verbreiteten psychiatrischen Erkrankungen dar. „In der Europäischen Union erkranken innerhalb eines Jahres etwa 14 Prozent daran, gefolgt von Schlaflosigkeit und Depressionen mit jeweils rund sieben Prozent“, so em. o. Univ.-Prof. Dr.h.c.mult. Dr.med. Siegfried Kasper , Emeritierter Vorstand der UKPP der Medizinischen Universität Wien, Zentrum für Hirnforschung. Unter Berücksichtigung sogenannter subsyndromaler Angststörungen, die einige, aber nicht alle Kriterien einer generalisierten Angststörung (GAS) erfüllen, übersteigt die Prävalenzrate pathologischer Angstsymptome vermutlich 20 Prozent.
Als medikamentöse Therapie von Angststörungen stehen Benzodiapezine, Antidepressiva (v.a. selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SSRIs), Buspiron, Proranolol, Hydrozine und Pregabalin zur Auswahl. Sie können jedoch – je nach Substanz – mehr oder weniger gravierende Nebenwirkungen verursachen. Dies ist ein Mitgrund dafür, warum Angststörungen nach wie vor häufig nicht adäquat behandelt werden.
„Ein gut verträgliches, anxiolytisch wirksames Arzneimittel könnte hier Vorbehalte zerstreuen und so die Bedingungen für eine bessere Behandlungsakzeptanz und Compliance schaffen“, meint der Prof. Kasper im Hinblick auf die positiven Studiendaten für das orale Lavendelölpräparat Silexan. Dieses erwies sich bei Patienten mit subsyndromalen Angststörungen oder syndromaler GAS gegenüber Placebo überlegen und ebenso wirksam wie das Benzodiazepin Lorazepam in der Anfangsdosis oder der SSRI Paroxetin. Die Ergebnisse weisen auch auf eine günstige Beeinflussung von Begleitsymptomen wie Unruhezuständen, Depressionen, Schlafstörungen und somatischen Beschwerden hin. Weiters wurden positive Effekte auf Allgemeinbefinden und Lebensqualität beobachtet. Bei Tagesdosen von 80 und 160 Milligramm traten unter Silexan – abgesehen von leichten gastrointestinalen Symptomen wie Aufstoßen – keine spezifischen unerwünschten Wirkungen auf. „Es ergaben sich auch keine Hinweise auf Arzneimittelinteraktionen oder Absetzeffekte, sowie kein Suchtpotential und keine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit“, betont Prof. Kasper.
Wirksam und verträglich bei Atemwegsinfekten
„Positive Effekte zeigt ein in Österreich aus Speik-Lavendel hergestelltes Präparat auch bei Atemwegsinfekten, insbesondere bei viral bedingter Sinusitis oder Bronchitis“, berichtet Dr. Daniel Dejaco , Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurde für Tavipec® bei akuter Bronchitis („unterer Atemwegsinfekt“) eine signifikante Verbesserung der Symptome verglichen mit Placebo beobachtet (Kähler. Spicae aetheroleum in uncomplicated acute bronchitis: a double-blind, randomised clinical trial. Wien Med Wochenschr. 2017).
Eine 2019 publizierte klinische Studie bei 288 Erwachsenen mit typischen Schnupfensymptomen (Sinusitis) legt nahe, dass Tavipec® im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten besseren Symptomreduktion und einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität führt, sicher in der Anwendung und gut verträglich ist (Dejaco. Tavipec in acute rhinosinusitis: a multi-centre, doubleblind, randomized, placebo-controlled, clinical trial. Rhinology. 2019). „Basierend auf diesen Daten kann Tavipec® als ergänzende Therapie zu Nasenduschen, Grippemitteln und abschwellenden Nasentropfen bei akuter Sinusitis erwogen werden“, resümiert Dr. Dejaco.
Weitere Infos: http://www.hmppa.at
Presseunterlagen zum Download: https://hpr.itshare.at/index.php/s/otBsKXg97FA4iQy
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