St. Pölten (pts031/17.05.2021/14:10) – Aktuelle Verfahren zur Immobilienbewertung erfordern eine umfangreiche manuelle Datenaufbereitung und -verarbeitung und oftmals sogar eine Vor-Ort-Besichtigung, was den Prozess zeitaufwendig und teuer macht. Forscher*innen der FH St. Pölten und FH Kufstein entwickeln derzeit gemeinsam mit der Firma DataScience Service GmbH multimodale maschinelle Lernverfahren, die mithilfe von verschiedenartigen Daten immobilienbezogene Eigenschaften wie etwa die Gebäudegröße oder den Sanierungszustand voraussagen können – und das vollständig automatisiert.
Aktuell hohe Kosten und hohes Risiko
Derzeit müssen selbst bei modernen automatisierten Immobilienbewertungsmodellen die Daten manuell eingegeben werden, was nicht nur hohe Kosten verursacht, sondern auch das Risiko von Fehleingaben birgt – oder sogar Betrug, wenn Daten absichtlich falsch eingegeben werden, um höhere Marktwerte vorzutäuschen. Zudem stammen die Daten oftmals aus einer eher kleinen Menge von teilweise redundanten und unvollständigen Datenquellen. Das schränkt den verfügbaren Informationsgehalt ein und behindert die anschließende Bewertung der Immobilie.
Immobilienbezogene Eigenschaften voraussagen
Im Projekt IMREA (Intelligent Multimodal Real Estate Analysis) entwickeln Forscher*innen derzeit multimodale maschinelle Lernverfahren, die die komplementäre Natur immobilienbezogener Daten ausnützen. Die Innovation im Projekt ist ein Ansatz basierend auf maschinellem Lernen, der zahlreiche komplementäre Datenquellen (wie Bilder, Pläne, Maklerexposés, Vertragstexte, Gutachten und kategorische Daten) miteinander kombiniert und verrechnet, um immobilienbezogene Eigenschaften, wie zum Beispiel die Gebäudegröße und -art, das Alter oder den Zustand, automatisch vorhersagen zu können.
Automatisch generierte Gutachten ersetzen aufwendige Bewertung
„Derzeit gibt es keinen weitgehend automatisierten Ansatz, der die verschiedenen Arten von immobilienbezogenen Daten in komplementärer Weise berücksichtigt und die Informationen automatisch aus verschiedenen Datenquellen extrahiert. Dies aber würde den Informationsgehalt pro Immobilie deutlich erhöhen und genauere automatische Schätzungen ermöglichen. Wir gehen davon aus, dass in der Praxis mindestens die Hälfte aller Immobilienbewertungen durch automatisch generierte Gutachten ersetzt werden könnten – dem oder der Immobiliengutachter*in bleibt dadurch mehr Zeit, sich um die komplexen Fälle zu kümmern“, erklärt Matthias Zeppelzauer, Leiter der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative Media/Technologies der FH St. Pölten.
Dauer und Kosten von Kreditprüfungen reduzieren
Das neuartige Verfahren ermöglicht die automatische Extraktion reichhaltiger Metadaten und soll in Zukunft die Datenbasis für die Immobilienbewertung verbessern. Dadurch werden Dauer und Schätzungskosten bei der Kreditprüfung erheblich reduziert. Die automatischen Analysemethoden ermöglichen darüber hinaus die kontinuierliche Überwachung von Immobilien, wodurch automatische Frühwarnsysteme für große Immobilienportfolios geschaffen werden können.
„Bestehende Methoden arbeiten meist mit einer Datenquelle (Modalität) – also meist mit strukturierten Daten – oder modellieren mehrere Modalitäten separat. Das Hauptziel dieses Projekts ist die Entwicklung von multimodalen maschinellen Lernverfahren, die immobilienbezogene Informationen und Parameter aus heterogenen Eingabedaten wie Text, Bildern und halbstrukturierten Daten extrahieren können, was zur Generierung präziserer und aktuellerer automatischer Immobilienbewertungsmodelle führen soll. Darüber hinaus werden wir uns auf das Lernen aus teilweise unvollständigen Daten und mit fehlenden Modalitäten konzentrieren, sowie auf die gleichzeitige Vorhersage mehrere Attribute, sogenanntes Multi-Task Learning“, so Zeppelzauer.
Wettbewerbsvorteil für Banken
„Für Banken wird IMREA tatsächlich wettbewerbsentscheidend sein – in Zeiten des zunehmenden Kosten- und Konkurrenzdrucks bei gleichzeitig steigenden Anforderungen durch die Aufsicht, wie etwa die neuen EBA Guidelines on Loan Origination and Monitoring,“ sagt Wolfgang Brunauer, CEO der DataScience Service GmbH, einem führenden Anbieter automatisierter Immobilienbewertungssysteme. „Sachverständigen wird es den entscheidenden Wettbewerbsvorteil liefern.“ Erste Prototypen werden voraussichtlich bereits dieses Jahr den Kund*innen der DataScience Service GmbH zugänglich gemacht.
IMREA – Intelligente Multimodale Immobilienanalyse
Das Projekt IMREA läuft von 1. Februar 2021 bis 31. Jänner 2024 und wird im Rahmen des Programms Bridge der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert. Partner*innen im Projekt sind die Fachhochschule Kufstein Tirol Bildungs GmbH (Lead) und die DataScience Service GmbH.
Über die Fachhochschule St. Pölten Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung in den sechs Themengebieten Medien & Wirtschaft, Medien & Digitale Technologien, Informatik & Security, Bahntechnologie & Mobilität, Gesundheit und Soziales. 26 Studiengänge und zahlreiche Weiterbildungslehrgänge bieten ca. 3.500 Studierenden eine zukunftsweisende Ausbildung. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt zu den oben genannten Themen sowie institutsübergreifend und interdisziplinär. Die Studiengänge stehen in stetigem Austausch mit den Instituten, die laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickeln und umsetzen.
(Ende)
Aussender: FH St. Pölten Ansprechpartner: Eva Schweighofer Tel.: +43 2742 313 228 265 E-Mail: eva.schweighofer@fhstp.ac.at Website: www.fhstp.ac.at